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Barrierefreiheit im Gesundheitssystem

Die gesundheitliche Regelversorgung behinderter Frauen ist durch fehlende barrierefreie Praxen oft nicht gewährleistet. Besonders problematisch ist der Mangel an gynäkologischen Praxen, die über geeignete Behandlungsstühle und eine rollstuhlgerechte Toilette verfügen. Werden Sie für niedergelassene Ärzt*innen Anreize schaffen, um in Zukunft ein flächendeckendes Netz an barrierefreien Praxen zu gewährleisten?

Antworten der Parteien
CDU / CSUDie UN-Behindertenrechtskonvention sieht in Artikel 25 eine Gewährleistung des Zugangs zu gender-sensiblen Gesundheitsdiensten vor. Dazu gehören behindertengerechte Behandlungsstühle und eine rollstuhlgerechte Toilette. CDU und CSU fordern ein eigenständiges Förderprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für die Schaffung von mehr Barrierefreiheit im Gesundheitswesen. Über Zuschüsse kann der barrierefreie Umbau von Arztpraxen vorangetrieben werden. Zudem wollen wir prüfen, ob die KV-Strukturfondsmittel gezielt für den barrierefreien (Um-)Bau von Arztpraxen eingesetzt werden können. In die Bedarfsplanungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) soll der gleichberechtigte Zugang für Menschen mit Behinderungen zum Gesundheitswesen aufgenommen werden.
SPDAls Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten setzen wir uns nachdrücklich dafür ein, die gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Behinderung weiter zu verbessern. Unser Ziel ist es, ungleiche Gesundheitschancen bei Gesundheitsförderung, Prävention, Versorgung, Rehabilitation und Pflege zu erkennen und abzubauen. Dazu gehört auch, dass der spezifische Bedarf von Frauen mit Behinderungen zu berücksichtigen ist und ein flächendeckendes Angebot an barrierefreien Arztpraxen zur Verfügung steht. Dass behinderte Frauen noch immer ganz oder teilweise auf gynäkologische Vorsorge und Versorgung verzichten, ist nicht hinnehmbar. Wir werden uns gegenüber der Ärzteschaft und den Krankenkassen dafür einsetzen, dass die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten besser genutzt werden.
Die LinkeDIE LINKE fordert eine bundesrechtliche Klarstellung, dass die Versorgung mit barrierefreien Praxen sowie mit spezialisierten Behandlungseinrichtungen und –personal Teil der kassenärztlichen Bedarfsplanung zu sein hat. Bei der Neubesetzung oder Gründung von Praxen muss Barrierefreiheit mindestens für mobilitätseingeschränkte Menschen eine Selbstverständlichkeit sein. Die Vorhaltung von speziellen Behandlungseinrichtungen muss flächendeckend erfasst und bei der Vergabe eines kassenärztlichen Sitzes berücksichtigt werden. Bei der Änderung des Behindertengleichstellungsgesetzes hat DIE LINKE die verpflichtende Einbeziehung von privaten Anbietern gefordert. Dies hätte auch Arztpraxen umfasst – leider wurden diese Vorschläge abgelehnt.
Bündnis 90 / Die GrünenMenschen mit Behinderungen haben das gleiche Recht auf eine optimale Gesundheitsversorgung wie alle anderen Menschen. Die Verwirklichung dieses Rechts ist aber noch weit entfernt. Um sie zu erreichen, wollen wir eine Kombination aus rechtlichen Vorgaben und finanzieller Förderung einsetzen. Rechtliche Vorgaben sind zum Beispiel für die ärztliche Bedarfsplanung und der Zulassung anderer Leistungserbringer notwendig. Finanzielle Förderung soll es für Maßnahmen zum Abbau von Barrieren in Praxen geben.
FDPWir Freie Demokraten wollen, dass die flächendeckende, ambulante ärztliche Versorgung wieder an Attraktivität gewinnt. Eine hervorragende Versorgung muss wohnortsnah erfolgen können und auf die realistischen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten abgestimmt werden. Dabei ist vor allem auch das Thema Barrierefreiheit ein sehr wichtiger Punkt.
AfDVon der AfD haben wir bis zum spätesten Abgabedatum (04.08.2017) keine Antworten auf die Wahlprüfsteine erhalten.

Aufnahme angemessener Vorkehrungen in das AGG

Die UN-Behindertenrechtskonvention versteht unter angemessenen Vorkehrungen „notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen und die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich sind, vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen oder ausüben können“. Werden Sie sich dafür einsetzen, eine Verpflichtung zu angemessenen Vorkehrungen auch in das AGG aufzunehmen?

Antworten der Parteien
CDU / CSUDank des AGG wurden und werden Diskriminierungen erfolgreich beseitigt und verringert. Das Ziel der CDU und CSU ist weiterhin eine diskriminierungsfreie Gesellschaft. Deshalb wollen wir bestehende Diskriminierungen weiter abbauen und setzen dabei verstärkt auf Bündnisse mit und in der Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Weitere Einschränkungen der Privatautonomie und zusätzliche bürokratische Belastungen lehnen wir indes ab. CDU und CSU kritisieren zudem das Verfahren zur Evaluierung des Gesetzes durch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Es ist zwar nachvollziehbar, dass zehn Jahre nach dem Inkrafttreten des AGG eine Überprüfung seiner Wirksamkeit vorgenommen worden ist.

Nicht nachvollziehbar ist jedoch, dass die Antidiskriminierungsstelle des Bundes mit der Begutachtung ein Büro beauftragt, das in enger Verbindung zu der Partei der antragstellenden Fraktion steht. Es liegt insoweit der Verdacht nahe, dass es sich um ein Gefälligkeitsgutachten handelt. Eine Ausweitung des Merkmalskatalogs, insbesondere durch unbestimmte Rechtsbegriffe wie das Merkmal „Gewicht“, lehnen CDU und CSU ab. Eine erweiterte Klagefrist lehnen CDU und CSU ab. Eine Ausweitung der Klagefrist auf sechs Monate würde bedeuten, dass es eine deutliche Verlängerung der Phase der Rechtsunsicherheit gibt. Außerdem ist es schwieriger, der Nachweispflicht nachzukommen, je weiter man sich zeitlich von einem Ereignis entfernt. Die Zweimonatsfrist ist im Sinne der Rechtssicherheit deshalb eine gute Frist.
SPDBei einer Reform des AGG wird es für uns darauf ankommen, für die Privatwirtschaft verbindliche Regelungen für angemessene Vorkehrungen für Barrierefreiheit zu schaffen.
Die LinkeDie Fraktion DIE LINKE unterstützt diese Forderung. Die UN-Behindertenrechtskonvention erfolgreich umzusetzen erfordert, Behindertenpolitik als Querschnittsthema auszugestalten. Ziele der Fraktion DIE LINKE bleiben: volle soziale Teilhabe, Inklusion und umfassende Barrierefreiheit für Menschen mit und ohne Behinderungen. Jederzeit und überall. Die UN Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und andere Menschenrechtsverträge bleiben dabei unsere Basis.
Bündnis 90 / Die GrünenFür uns stellt die Verweigerung angemessener Vorkehrungen eine Diskriminierung dar. Deshalb fordern wir, die Verweigerung angemessener Vorkehrungen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention als Tatbestand der Benachteiligung in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aufzunehmen.
FDPNiemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden, heißt es in Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz. Die Bekämpfung der Diskriminierung in unserer Gesellschaft ist ein gesellschaftspolitisches Ziel von uns Freien Demokraten. Der Abbau von Diskriminierungen lässt sich nicht nur per Gesetz verordnen, sondern ist eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Immer mehr Vorschriften zu erlassen heißt nicht, dass die Praxis nachher auch besser funktioniert. Es kommt auf eine dauerhafte Sensibilisierung für das Thema, ein Umdenken in den Köpfen und eine Veränderung des Bewusstseins bei jedem Einzelnen an. Darüber hinaus ist es wichtig, insgesamt eine Kultur zu entwickeln, in der Vielfalt nicht nur akzeptiert und toleriert, sondern als Bereicherung empfunden wird.
AfDVon der AfD haben wir bis zum spätesten Abgabedatum (04.08.2017) keine Antworten auf die Wahlprüfsteine erhalten.