Reformen innerhalb der Sicherheitsbehörden

Die Aufdeckung der NSU-Mordserie war insbesondere für die türkeistämmige Bevölkerung ein Schock und die Lücken in der Aufklärung der Morde und bzgl. der Verwicklungen der einzelnen Verfassungsschutz-Behörden machen das Vertrauen in die deutschen Sicherheitsbehörden äußerst fragil. Sollte es Ihrer Meinung nach grundlegende Reformen im Bundesamt für Verfassungsschutz und / oder den Strukturen der Sicherheitsbehörden um institutionellen Rassismus vorzubeugen geben?

Antworten der Parteien
CDU / CSUFür das nötige – und berechtigte – Vertrauen der Menschen in die Arbeit unserer Sicherheitsbehörden ist zunächst einmal eine seriöse Wahrnehmung und Darstellung deren wichtiger Arbeit zum Schutz der Freiheit und Sicherheit angezeigt. „Verwicklungen der einzelnen Verfassungsschutz-Behörden“ in die NSU-Morde gab es nicht. Die in die Fragestellung eingeflochtene Unterstellung beleuchtet schlaglichtartig, womit Vertrauen beschädigt wird: Mit der Propagierung von Feindbildern, die sich von der Wirklichkeit abschotten. Das Vertrauen in die deutschen Sicherheitsbehörden ist nicht fragil. CDU und CSU stehen fest an der Seite derjenigen, die Tag für Tag alle Anstrengungen unternehmen, um unsere Sicherheit zu verteidigen. Ganz gleich ob Polizisten oder Feuerwehrleute, Richter oder Staatsanwälte – all diese Menschen genießen zu Recht ein besonders großes Vertrauen. Sie verdienen unsere Anerkennung, unseren Respekt und vor allem unsere Unterstützung, um Recht und Ordnung in unserem Land durchzusetzen. CDU und CSU haben den Verfassungsschutz in dieser Legislaturperiode sowohl innerbehördlich beim Bundesamt für Verfassungsschutz wie auch im Verbund mit den Landesbehörden umfassend reformiert. Institutioneller Rassismus existiert bei den deutschen Sicherheitsbehörden nicht und ist auch nicht zu befürchten – zumal Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden gerade der Schutz der grundgesetzlichen Werteordnung ist: Sie sind somit eine institutionelle Vorbeugung gegen Rassismus.
SPDEine wichtige Erkenntnis aus dem NSU-Verfahren ist, dass Sicherheitsbehörden besonders sensibel auf antisemitische, rassistische und sonstige menschenverachtende Einstellungen in den eigenen Reihen reagieren müssen. Das gilt auch für die Bundeswehr. Wir werden sie dabei mit geeigneten Programmen unterstützen.
Die LinkeDas Bundesamt für Verfassungsschutz ist aus unserer Sicht unreformierbar. In einer Behörde, deren wesentliches Prinzip die Geheimhaltung ist, lässt sich die Umsetzung von Maßnahmen gegen strukturellen Rassismus nicht kontrollieren. Wir wollen das Bundesamt für Verfassungsschutz abschaffen und durch eine unabhängige Stelle zur Beobachtung von Rassismus, Antisemitismus und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ersetzen. Hinsichtlich der Polizei wollen wir insbesondere im Bereich der Aus- und Fortbildung gegen rassistische Einstellungen vorgehen und interkulturelle Kompetenzen stärken. Befugnisse wie anlasslose Kontrollen, die strukturell mit racial profiling einhergehen, wollen wir abschaffen.
Bündnis 90 / Die GrünenDer Staat muss Rechtsextremismus und Rassismus mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen. Das Versagen gegenüber dem rechtsterroristischen NSU hat deutlich gemacht: Der Verfassungsschutz ist dauerhaft auf dem rechten Auge blind. Wir wollen die Verfassungsschutzbehörden grundlegend reformieren. Es braucht einen Neustart. Statt des Bundesamtes für Verfassungsschutz in seiner ineffektiven aktuellen Form wollen wir ein personell und strukturell völlig neues Bundesamt zur Gefahrenerkennung und Spionageabwehr gründen, das mit nachrichtendienstlichen Mitteln klar abgegrenzt von polizeilichen Aufgaben arbeitet. Die allgemeine Beobachtung demokratie- und menschenfeindlicher Bestrebungen soll ein unabhängiges Institut zum Schutz der Verfassung übernehmen.
FDPWir Freie Demokraten wollen eine Reform der Sicherheitsarchitektur in Deutschland. Denn zurzeit sind zu viele Behörden für unsere Sicherheit zuständig: das Bundesamt für den Verfassungsschutz, das Bundeskriminalamt, die Landesämter für Verfassungsschutz, die Landeskriminalämter, der Militärische Abschirmdienst, das Zoll-Kriminalamt und andere mehr. Diese Strukturen wollen wir straffen und stärken. Klare Kompetenzabgrenzung ohne Doppelzuständigkeiten ist das Ziel. Gleichzeitig müssen die Sicherheitsbehörden enger zusammenarbeiten und Informationen leichter austauschen können, wenn angemessene rechtliche Voraussetzungen, wie etwa ein Anfangsverdacht auf eine Straftat, vorliegen. Das ist zum Schutz der Bevölkerung notwendig. Hierfür muss es eine funktionierende Koordinierungsstelle geben und einheitliche (unter anderem Ausbildungs-) Standards beim Bundesamt für Verfassungsschutz und den Landesämtern. Insbesondere der Einsatz von V-Leuten und dessen Ausgestaltung sowie die Regelungen zum Austausch von wichtigen Informationen dürfen sich zwischen Bundesländern nicht unterscheiden. Denn verfassungsfeindliche Bestrebungen machen vor Ländergrenzen nicht Halt. Neben der verstärkten Koordination und Zusammenarbeit ist zudem die Möglichkeit der Arbeitsteilung, insbesondere wegen geringerer Leistungsfähigkeit der kleineren Landesämter, zu untersuchen. Wir Freie Demokraten wissen: Gerade auch ein demokratischer Staat muss sich schützen. Das macht gut organisierte geheimdienstliche Arbeit unerlässlich.
AfDVon der AfD haben wir bis zum spätesten Abgabedatum (04.08.2017) keine Antworten auf die Wahlprüfsteine erhalten.