Das Projekt

Das Projekt „Die Wahlprüfsteine“

Im Projekt „Die Wahlprüfsteine“ haben sich 18 Verbände und Initiativen zusammengeschlossen, um ihre Wahlprüfsteine zu den Themen Antidiskriminierung und Gleichstellung zu bündeln und gemeinsam bei den Parteien, die bei der Bundestagswahl 2017 gute Chancen auf den Einzug in den Bundestag haben, für die Beantwortung einzureichen. Sie vereinen hierbei ihre Erfahrungen, um zu zeigen, wie Diskriminierungen die Gesellschaft in allen Bereichen tief durchdringen und wie viel Arbeit noch notwendig ist für eine Gesellschaft, in der alle die gleichen Rechte und die gleichen Möglichkeiten von Teilhabe haben. Mit dem Instrument der Wahlprüfsteine fragen sie nach den Antworten der Parteien auf die von ihnen identifizierten Probleme.

Inhalt der Wahlprüfsteine

Insgesamt 93 Fragen aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen haben uns CDU/CSU, SPD, DIE LINKE, Bündnis90/Die Grünen, FDP und AfD beantwortet. Dabei standen die sechs im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) genannten Diskriminierungsmerkmale ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Behinderung, Lebensalter und sexuelle Identität im Fokus, doch auch bisher ungeschützte Merkmale wie Gewicht wurden betrachtet.

gesellschaftliche Wahrnehmung merkmalsübergreifend Sinti*ze und Rom*nja Muslime Migration Bundesteilhabegesetz sozioökonomische Lage Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sexualisierte Übergriffe Inter* Trans* Fluchterfahrung politische Teilhabe Kopftuch Religionsverfassungsrecht Frauen Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) Barrierefreiheit

Die Wahlprüfsteine zeigen, auf wie unterschiedlichen Ebenen Handlungsbedarf gegen Diskriminierungen gesehen wird: So stellen einzelne Wahlprüfsteine staatliche Handlungen und Gesetze in Frage, die als diskriminierend empfunden werden, andere richten sich dagegen an Gesetze zum Diskriminierungsschutz, die in vielen Fällen als nicht weitgehend genug empfunden und in denen Schutzlücken identifiziert werden. Noch grundlegender sind einige Wahlprüfsteine, die den Themenbereich Prävention umfassen, und dabei sowohl danach fragen, wie Betroffene besser vor Diskriminierungen geschützt werden können, als auch wie Vorurteile und Stereotypen gegenüber einzelnen Gruppen verhindert werden können.

Diskriminierung als gesamtgesellschaftliches Problem

Eine Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) hat 2016 festgestellt, dass 35,6 Prozent aller Menschen in Deutschland in den letzten zwei Jahren Diskriminierung erlebt haben. Da viele Menschen Diskriminierungen, die sie erfahren, jedoch nicht als solche wahrnehmen, dürfte die Dunkelziffer noch deutlich höher liegen. Diskriminierung ist also keineswegs ein Randphänomen, welches nur wenige Menschen betrifft, sondern ein Problem der gesamten Gesellschaft. Noch weitergehend: Diskriminierung kann jede*n treffen. Anhand des Lebensalters werden sowohl junge als auch ältere Menschen diskriminiert, anhand der Religion berichten – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – sowohl Muslim*innen, Jüd*innen, Christ*innen als auch konfessionslose Menschen von Diskriminierungserfahrungen.

Diskriminierungsschutz als Menschenrechtspflicht

Gleichzeitig gefährden Diskriminierungen den gesellschaftlichen Zusammenhalt, können zu sozialer Isolation führen und in physischen und psychischen Erkrankungen resultieren. Diskriminierungsschutz ist deswegen auch eine Menschenrechtspflicht. Nicht zuletzt deshalb beschäftigen sich viele internationale Abkommen, wie etwa die UN-Behindertenrechtskonvention oder das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (‚Istanbul-Konvention‘), mit den Rechten von Gruppen, die von Diskriminierung betroffen sind.

Das AGG und seine Lücken

Ein wichtiger Meilenstein im Kampf gegen Diskriminierungen in Deutschland war die Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) 2006. „Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“ (§ 1 AGG). Damit konnten jedoch bei weitem nicht alle Diskriminierungen erfasst werden, so sind etwa Gewichtsdiskriminierungen nicht explizit durch das AGG verboten. Bei Diskriminierungen anhand der Geschlechtsidentität, etwa des Trans*-Seins, musste erst das Bundesverfassungsgericht gegen Diskriminierungen im Transsexuellengesetz einschreiten.