Umgang mit Diversity und Antidiskriminierung im Vergaberecht berücksichtigen

Im Rahmen des Vergaberechts spielen Diversity und Antidiskriminierung bislang keine Rolle. Als auftragsvergebende Stelle hat der Staat die Möglichkeit, grundsätzliche Mindeststandards einzufordern bzw. als Kriterium bei der Auftragsvergabe zu berücksichtigen. Setzen Sie sich dafür ein, im Vergaberecht festzuschreiben, dass Auftragnehmende I) sich dazu verpflichten, das geltende Gleichbehandlungsrecht zu achten und auch gegenüber Dritten durchzusetzen sowie II) konkrete Maßnahmen nachzuweisen, die der Beseitigung bestehender Nachteile und der Förderung der tatsächlichen Durchsetzung von Chancengleichheit und Diversity über die gesamte Laufzeit des Vertrages dienen?

Antworten der Parteien
CDU / CSUCDU und CSU sind der Auffassung, dass das Vergaberecht grundsätzlich nicht durch die Überfrachtung mit vergabefremden Kriterien kompliziert und undurchsichtig werden sollte. Vielmehr ist ein entscheidendes Kriterium die Gesetzestreue der Auftragnehmer nach § 123 GWB. Das geltende Vergaberecht sieht darüber hinaus in § 127 Abs. 1 S. 3 GWB die Möglichkeit vor, neben dem Preis oder den Kosten auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte zu berücksichtigen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat dazu bereits 2009 in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Städtetag Hinweise für die kommunale Praxis zur Berücksichtigung sozialer Belange im Vergaberecht herausgegeben.
SPDDas öffentliche Vergaberecht ist in Deutschland sehr stark von der europäischen Gesetzgebung zu öffentlichen Aufträgen beeinflusst. Gemäß § 97 Abs. 2 des einschlägigen Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sind die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren grundsätzlich gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet. Solche Ausnahmen betreffen zum Beispiel die Anforderungen an Bewerber und Bieter im Vergabeverfahren, die durch das Gesetz und Verordnungen im Hinblick auf Ausschlussgründe oder Eignungsanforderungen eröffnet sind. Zum Diskriminierungsverbot im Hinblick auf Bewerber oder Bieter aus dem EU-Ausland ist Artikel 18 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu beachten, der eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit verbietet. Das ist selbstverständlich auch im Vergabeverfahren zu beachten.

Allerdings eröffnet das Vergaberecht nach den jüngsten Reformen verstärkt die Möglichkeit, nach sozialen Kriterien auszuschreiben. Es liegt in der Hoheit der jeweiligen öffentlichen Körperschaft, sich dieser sozialen Kriterien zu bedienen. Ob darüber hinaus noch Änderungen im Gesetz notwendig sind, wird sich nach einer sorgfältigen Evaluation der letzten Novellierung entscheiden.
Die LinkeJa: DIE LINKE fordert ein diskriminierungsfreies Vergaberecht und entsprechende Förderungen und Anreize, um Diversity und Chancengleichheit zu gewährleisten. In Bezug auf Menschen mit Behinderungen bedeutet dies beispielsweise, dass Ausschreibungen und Vergaben von öffentlichen Aufträgen sowie Förderungen nur in Übereinstimmung mit der UN-Behindertenrechtskonvention erfolgen dürfen, wozu die Schaffung beziehungsweise Gewährleistung von umfassender Barrierefreiheit als verbindliches Kriterium gehört.
Bündnis 90 / Die GrünenDie Stärkung von umwelt-, sozial- und menschenrechtlichen Verpflichtungen sollte zentral bei der öffentlichen Auftragsvergabe sein. Zwar werden nach der bisherigen Regelung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen bei der Vergabe unter anderem soziale Aspekte berücksichtigt. Wir wollen dort dennoch explizit erläutern, dass darunter Förderung der Durchsetzung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Frauen und Männern sowie Einhaltung anderer antidiskriminierungsrechtlichen Bestimmungen wie des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und des darin umfassend normierten Diskriminierungsschutzes zu verstehen sind.
FDPEs gibt viele Gesichtspunkte, unter denen das Vergaberecht neu definiert werden sollte. Leitend ist für uns aber die Funktionstüchtigkeit des Systems und die Zumutbarkeit des zusätzlichen Aufwands. Diversity ist in sehr vielen Lebensbereichen ein wichtiger Aspekt, beim Vergaberecht ist er jedoch als Kriterium kaum zu kontrollieren. Und Vorschriften sind nur so stark wie ihre Kontrollmöglichkeiten.
AfDVon der AfD haben wir bis zum spätesten Abgabedatum (04.08.2017) keine Antworten auf die Wahlprüfsteine erhalten.