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Sozialrechtliche Gleichstellung für alle Unionsbürger*innen

Mit dem 2016 verabschiedeten Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch werden Unionsbürger*innen im Vergleich zu Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft im Sozialrecht noch stärker benachteiligt. Die Tendenz zur Nichtgewährung von Leistungen war zuvor bereits durch die EuGH-Urteile „Dano“ und „Alimanovic“ verstärkt worden. Werden Sie sich für die sozialrechtliche Gleichstellung und besonders die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums für alle Unionsbürger*innen, die sich in Deutschland aufhalten (unabhängig vom Zweck des Aufenthaltes), einsetzen?

Antworten der Parteien
CDU / CSUDas Recht eines jeden Bürgers der Europäischen Union (EU), den Wohn- und Arbeitsort frei zu wählen, gehört zu den großen Errungenschaften der EU. Jeder Missbrauch durch Einwanderung in unsere Sozialsysteme gefährdet jedoch die Akzeptanz dieser Freizügigkeit. Für die Union gilt: Wer nie in Deutschland gearbeitet hat und somit nicht in die sozialen Sicherungssysteme eingezahlt hat, hat keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Der Europäische Gerichtshof hat diese Gesetzeslage in Deutschland bestätigt.
SPDDas Existenzminimum für Unionsbürger*innen ist gewährleistet. Wir streiten im Sinne der
Menschen in der ganzen EU dafür, dass sich die Lage in Europa verbessert. Wir wollen ein
Europa, das seine Politik an den Bedürfnissen der Menschen ausrichtet, soziale
Mindeststandards sichert und Lohn- und Sozialdumping wirksam unterbindet. Auch auf
europäischer Ebene wollen wir den Grundsatz verankern, dass es in allen Mitgliedstaaten
der Europäischen Union wirksame soziale Grundsicherungssysteme geben muss. Wir
werden daher Initiativen und Programme zum Aufbau sozialer Grundsicherung unterstützen. Wir stehen uneingeschränkt zur europäischen Freizügigkeit.
Die LinkeJa. DIE LINKE ist gegen den Ausschluss von EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern aus der Grundsicherung. Wir setzen uns für eine bedarfsdeckende, armutsfeste und sanktionsfreie Mindestsicherung ein, in die alle dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen einbezogen werden, insbesondere auch hier lebende EU-Bürgerinnen und EU-Bürger sowie Asylsuchende. Diese Mindestsicherung soll 1.050 Euro netto monatlich betragen.
Bündnis 90 / Die GrünenDie Freiheit, Grenzen zu überschreiten, ist ein zentraler europäischer Wert, sie fördert das Gefühl der Zusammengehörigkeit und stärkt europäische Werte wie Menschenrechte, Demokratie und Pluralismus. Wir sprechen uns dafür aus, Unionsbürger*innen nach drei Monaten Grundsicherung nach dem SGB II zu gewähren, wenn diese bereits eine Verbindung zum hiesigen Arbeitsmarkt aufgebaut haben und aktiv nach Arbeit suchen. Beratung, Vermittlung, berufliche und sprachliche Qualifizierung und sonstige Maßnahmen zur Integration sollen von Anfang an zur Verfügung stehen. Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sollen aber auch von Leistungen nach dem SGB II und SGB XII ausgeschlossen werden können, wenn sie nicht oder nicht mehr nach Arbeit suchen oder ihre Arbeitsuche keine Aussicht auf Erfolg hat.
FDPDie Freizügigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gehört zu den zentralen Errungenschaften der Europäischen Union. Dies wollen wir Freien Demokraten ohne Wenn und Aber verteidigen. Denn wir wollen gleichberechtigte Chancen auf Arbeit und Wohlstand für die Bürgerinnen und Bürger in der Union. Gleichzeitig wollen wir aber keine Transfer-Union. Sozialpolitik ist und bleibt richtigerweise Aufgabe der Mitgliedstaaten. Eine Zuwanderung in einen anderen Mitgliedstaat, um höhere Sozialleistungen zu erhalten, ist nicht Gegenstand der Freizügigkeit und nicht Gegenstand der Europäischen Verträge. Dies muss auch in der Praxis durchgesetzt werden, denn ansonsten würde die Freizügigkeit selbst politisch diskreditiert – unabhängig von der tatsächlichen Zahl der Missbrauchsfälle.
AfDVon der AfD haben wir bis zum spätesten Abgabedatum (04.08.2017) keine Antworten auf die Wahlprüfsteine erhalten.

Erweiterung des Zeitrahmens für die Arbeitssuche von Unionsbürger*innen

Die letzten Änderungen des Freizügigkeitsgesetzes sehen vor, dass Unionsbürger*innen sich zum Zweck der Arbeitssuche maximal 6 Monate in Deutschland aufhalten dürfen – eine Zeit in der es auf dem deutschen Arbeitsmarkt kaum möglich ist, eine Stelle zu finden. Wenn die Unionsbürger*innen keinen anderen Freizügigkeitszweck vorweisen können, droht ihnen die Aberkennung der Freizügigkeit durch die Ausländerbehörde. Werden Sie sich dafür einsetzen, die Begrenzung des Zeitrahmens für die Arbeitssuche von Unionsbürger*innen (FreizügG) zu verlängern oder die Zeitbeschränkung ganz aufzuheben?

Antworten der Parteien
CDU / CSUFür das Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche gibt es keine feste Frist. Nach der Rechtsprechung des EuGH besteht es mindestens für 6 Monate. Danach darf ein Nachweis verlangt werden, dass weiterhin aktiv und mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit gesucht wird. § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG legt seit Dezember 2014 fest, dass das Aufenthaltsrecht von EU-Bürgern/innen zur Arbeitsuche auf 6 Monate begrenzt ist, sofern sie nicht nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden. § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG darf nicht dahingehend verstanden werden, dass das Aufenthaltsrecht nach 6 Monaten automatisch endet. Gesetzlichen Anpassungsbedarf sehen wir hier nicht.
SPDEin Recht auf Arbeitsuche besteht solange, wie eine "begründete Aussicht" auf Erfolg besteht, was eine ernsthafte Suche ebenso voraussetzt wie reale Einstellungschancen (Urteil des EuGH vom 26.02. 1991, Az. C-292/89) Der deutsche Gesetzgeber hat auf Grund der EU-Freizügigkeit wenig Spielräume, die Einwanderung von Unionsbürgern rechtlich zu steuern. Handlungsbedarf sehen wir derzeit nicht.
Die LinkeDIE LINKE hat sich gegen die Verschärfungen des Freizügigkeitsrechts ausgesprochen und ist von Beginn an gezielten Missbrauchskampagnen gegen so genannte „Armutszuwanderer“ aus anderen EU-Staaten energisch entgegengetreten. Wir sind für eine positive und solidarische Ausgestaltung der EU-Freizügigkeit und setzten auf sozial- und arbeitsmarktpolitische Unterstützungsmaßnahmen statt auf eine Strategie der Ausgrenzung und Entrechtung. Bund, Länder, Kommunen, Wohlfahrtverbände und Gewerkschaften müssen Konzepte und Maßnahmen entwickeln, wie die Integration insbesondere der zur Arbeitsuche eingereisten Unionsbürger*innen verbessert und der Schutz vor ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen und Mietwucher gesichert werden kann (vgl. unseren Antrag, BT-Drs. 18/3080).
Bündnis 90 / Die GrünenDie Freiheit, Grenzen zu überschreiten, ist ein zentraler europäischer Wert. Sie fördert das Gefühl der Zusammengehörigkeit und stärkt europäische Werte. Der o. g. strikten zeitlichen Begrenzung stehen wir skeptisch gegenüber. Wir sprechen uns dafür aus, dass Unionsbürger*innen nach drei Monaten Grundsicherung nach dem SGB II zu gewähren, wenn diese bereits eine Verbindung zum hiesigen Arbeitsmarkt aufgebaut haben und aktiv nach Arbeit suchen. Beratung, Vermittlung, berufliche und sprachliche Qualifizierung und sonstige Maßnahmen zur Integration sollen von Anfang an zur Verfügung stehen. Allerdings sollen Unionsbürger*innen von Leistungen nach dem SGB II und SGB XII auch ausgeschlossen werden können, wenn sie nicht oder nicht mehr nach Arbeit suchen oder ihre Arbeitsuche keine Aussicht auf Erfolg hat.
FDPWir Freie Demokraten stehen hinter der Arbeitnehmerfreizügigkeit der EU und sind für gleichberechtigte Chancen auf Arbeit und Wohlstand für die Unionsbürger. Gleichzeitig wollen wir aber auch keine Transfer-Union. Sozialpolitik ist und bleibt Aufgabe der Mitgliedstaaten. Zum Schutz des Missbrauchs der sozialen Sicherung halten wir daran fest, dass Ausländerbehörden den Aufenthalt von EU-Ausländern, die sich zwischen drei und sechs Monaten im Land aufhalten und weder eine Arbeit noch eine andere Existenzgrundlage nachweisen können, konsequent zu beenden und so eine dauerhafte Zahlung von Sozialhilfe zu vermeiden.
AfDVon der AfD haben wir bis zum spätesten Abgabedatum (04.08.2017) keine Antworten auf die Wahlprüfsteine erhalten.

Antidiskriminierungskommission als Kontrollorgan beim Bundestag

Die ungewollte Fortschreibung rassistischer Stereotype in Gesetzen und Verordnungen könnte von einer Antidiskriminierungskommission für das Erlassen neuer Gesetze verhindert werden. Wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, hierfür am Deutschen Bundestag eine Antidiskriminierungskommission, die mit Vertreter*innen gesellschaftlicher Minderheiten besetzt ist, als Kontrollorgan einzurichten?

Antworten der Parteien
CDU / CSUDie CDU und CSU sehen keine Notwendigkeit für den Einsatz einer Antidiskriminierungskommission beim Deutschen Bundestag. Bei gesetzlichen Vorhaben werden die entsprechenden gesellschaftlichen Gruppen regelmäßig über Anhörungen oder andere Formen der Beteiligung in den Entscheidungsprozess einbezogen.
SPDDie SPD-Bundestagsfraktion hat hierzu noch keine Positionierung erarbeitet.
Die LinkeDie Fraktion DIE LINKE im Bundestag schlägt in ihrem Votum zum Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses die Einrichtung einer "Enquetekommission Rassismus" im nächsten Bundestag vor, die effektive Maßnahmen gegen institutionellen Rassismus erarbeiten soll. Unweigerlich müssen dabei auch rassistische Auswirkungen von Gesetzen in den Blick geraten, wie beispielsweise die Durchführung von anlasslosen Personenkontrollen der Polizei gegen Personen, die ihrem Äußeren nach einen Migrationshintergrund haben.
Bündnis 90 / Die GrünenWir setzen uns dafür ein, dass rassistische Stereotype in Gesetzen und Verordnungen keinen Platz haben. Eine entsprechende Überprüfung des Bundesrechts befürworten wir, ein ständiges „Kontrollorgan“ des Bundestags sehen wir aus parlamentsrechtlichen Gründen eher skeptisch.
FDPWir Freie Demokraten planen mit Verweis auf die bestehende,
unabhängige Antidiskrimierungsstelle des Bundes derzeit nicht,
eine Antidiskriminierungskommission beim Deutschen Bundestag einzurichten.
AfDVon der AfD haben wir bis zum spätesten Abgabedatum (04.08.2017) keine Antworten auf die Wahlprüfsteine erhalten.

Befürwortung einer Überarbeitung der Presseratsrichtlinie hinsichtlich der Nennung der ethnischen Herkunft von Personen

Am 22.03.2017 änderte der Presserat die Richtlinie 12.1 zur Kriminalitätsberichterstattung. Befürworten Sie eine Rücknahme dieser Änderung bzw. die Ergänzung der Richtlinie um ein Antidiskriminierungsgebot, etwa eine Formulierung wie: „Die Erwähnung der Zugehörigkeit von Personen zur Gruppe der Rom*nja oder Sinti erfolgt nur bei inhaltlicher Relevanz für den Bericht und mit Einverständnis der betroffenen Personen. Eine inhaltliche Relevanz stellt bspw. die Thematisierung der Diskriminierung oder einer Zwangslage der Betroffenen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Rom*nja oder Sinti dar“?

Antworten der Parteien
CDU / CSUDer Deutsche Presserat wurde 1956 gegründet, um ein geplantes Bundespressegesetz zu verhindern. Er ist damit quasi eine institutionelle Selbstkontrolle der Presse und insoweit unabhängig. Die CDU und CSU unterstützen und befürworten diese Unabhängigkeit und sehen deshalb davon ab, zu Entscheidungen des Presserates Stellung zu nehmen bzw. inhaltliche Vorgaben zu machen.
SPDDer Pressekodex ist eine seit Jahrzehnten gut funktionierende Selbstregulierung/Selbst- Kontrolle der Print- und Onlinemedien. Die Überarbeitung des Art. 12.1 hat das grundlegende Diskriminierungsverbot in Art. 12 unverändert gelassen. Mittels Praxis- Leitsätzen werden den Redaktionen nun Abwägungsbeispiele aufgezeigt, wann ein begründeter Sachzusammenhang vorliegen kann, der eine Nennung der Ethnie, Religion, Nationalität rechtfertigten kann. Jede Redaktion bleibt aber zur Einzelfall-Entscheidung verpflichtet. Die Weiterentwicklung des Pressekodex obliegt nicht der Politik. Wir werden aber gerade die Veränderung in Art. 12.1 Pressekodex in ihrer Wirkung genau verfolgen. Eine Absenkung des Diskriminierungsschutzes lehnen wir ab.
Die LinkeDie Richtlinie sollte unseres Erachtens schärfer gegen eine Erwähnung jeglicher ethnischer Gruppenzugehörigkeit gefasst sein. Schon die Regelbeispiele der Richtlinie zeigen, dass sie derzeit ohne größere Hindernisse bei fast jedem Ereignis so ausgelegt werden kann, dass eine Verbindung der Tat zur ethnischen Herkunft oder Zugehörigkeit des mutmaßlichen Täters/der mutmaßlichen Täterin im Bericht nahegelegt werden kann. Gerade in Bezug auf Roma und Sinti zeigt die Erfahrung, dass Journalist/innen häufig auf Formulierungen ausweichen, die bei den Leser/innen gleichwohl die "richtige" Assoziation auslösen. Ob die namentliche Erwähnung einer Gruppe für das von uns in Gänze unterstützte Anliegen zielführend ist, bedarf aus unserer Sicht weiterer Diskussion.
Bündnis 90 / Die GrünenRoma und Sinti sind seit Jahrhunderten in vielen Ländern Europas ganz besonders rassistischen Anfeindungen und Ausgrenzungen ausgesetzt – auch bei uns in Deutschland. Auf deutscher wie europäischer Ebene setzen wir uns dafür ein, die Situation der Roma nachhaltig zu verbessern. Die seit März dieses Jahres geltende Richtlinie 12.1 zur Kriminalitätsberichterstattung versucht das öffentliche Interesse an der Berichterstattung einerseits und den Diskriminierungsschutz andererseits im Einklang zu bringen. Sollte sich herausstellen, dass in der Praxis das nicht gelingt, müsste die Richtlinie nachbearbeitet werde. Allerdings sprechen wir uns dafür aus, dass in solchen Richtlinien ein generelles Verbot diskriminierender Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens sowie Schutz aller Minderheiten verankert ist, ohne einzelne Gruppen besonders hervorzuheben.
FDPWir Freie Demokraten befürworten ausdrücklich, dass sich die deutschen Print- und Onlinemedien mit Ziffer 12 des Pressekodexes zum Diskriminierungsverbot bekennen. Der Presserat hat die Änderung der Richtlinie 12.1 zur Kriminalitätsberichterstattung vom 22.03.2017 durch so genannte Praxis-Leitsätze präzisiert. Diese präzisierte Selbstbindung der Presse halten wir für geeignet, um den Schutz bestimmter Gruppen vor diskriminierenden Verallgemeinerungen sicherzustellen. Darüber hinausgehenden Rücknahme- bzw Ergänzugsbedarf der Richtlinie sehen wir nicht.
AfDVon der AfD haben wir bis zum spätesten Abgabedatum (04.08.2017) keine Antworten auf die Wahlprüfsteine erhalten.